Wenige Worte zu Politik - positive Daten aus der Eurozone, USA durchwachsen!
Veröffentlicht am 25.07.2014 10:29:00 Uhr von Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.3468 (08.06 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.3439 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 101.73. In der Folge notiert EUR-JPY bei 137.00. EUR-CHF oszilliert bei 1.2152.
Die EU vereinbart Sanktionen gegen Personen und Institutionen Russlands und ist im Prozess, weitere Sanktionen gegen russische Branchen zu verfügen. Spitzenvertreter der deutschen Wirtschaft erwärmen sich neuerdings für diese Form der Sanktionspolitik, die ihren Ausgangspunkt an der angeblichen Unwilligkeit Russlands zur Aufklärung des Flugzeugabsturzes in der Ostukraine hat.
Die Regierung der Ukraine hält die Aufnahmen der Flugkontrolle weiter unter Verschluß und die USA stellen ihre Satellitenfotos (Auflösung bis zu 30 cm) weiterhin nicht zur Verfügung, während Russland Daten und Fakten vorlegte, die die USA schon zwangen, eine direkte Beteiligung Russlands auszuschließen, nachdem die US-Regierung zuvor Russland vorverurteilte. Der geneigte Leser darf ob der aktuellen westlichen Politik irritiert sein, wir sind es auch.
Losgelöst vom Zusammenhang sagte der Philosoph Aristoteles: "Einen Fehler durch eine Lüge zu verdecken, heißt einen Flecken durch ein Loch zu ersetzen."
Die Regierung der Urkaine unter Herrn Jazenjuk trat zurück, um Neuwahlen zu ermöglichen. Die Unübersichtlichkeit in der Politik der Ukraine nimmt nicht ab. Zusammenhänge des Rücktritts mit dem Thema Flugzeugabsturz sind wir derzeit nicht bereit, erkennen zu wollen.
Der IWF reagiert auf schwache US-Daten im ersten Halbjahr und die politischen Krisen und sieht sich gezwungen, die globale Wachstumsprognose per 2014 von 3,7% auf 3,6% anzupassen.
Die Wirtschaftsdaten aus der Eurozone setzten gestern positive Akzente:
Wir freuen uns außerordentlich über die Entwicklung des spanischen Arbeitsmarkts. Die konjunkturelle Erholung wirkt sich unverhältnismäßig zügig am spanischen Arbeitsmarkt aus. Der Mainstream hat diese Entwicklung nicht ansatzweise prognostiziert.
Per 2. Quartal sank die Arbeitslosenzahl in Spanien um 310.000 auf 5.623.000 Arbeitslose. Die Arbeitslosenrate sank im Quartalsvergleich von 25,9% auf 24,5%, nachdem im 1. Quartal 2013 ein Höchstwert von 27,2% (6.202.700) markiert wurde. Im letzten Quartal wurden 410.000 neue Jobs geschaffen. Damit wurde die niedrigste Arbeitslseonrate seit dem 1. Quartal 2012 (24,4%) erreicht.
Die Erstschätzungen der Einkaufsmanagerindices des britischen Anbieters Markit für die Eurozone überraschten per Juli positiv. Der Gesamtindex (Composite) für Produktion und Dienstleistung legte von zuvor 52,8 auf 54,0 Punkte zu (Prognose 52,8) und erreichte den höchsten Wert seit drei Monaten. Der Produktionsindex verzeichnete eine geringfügige Zunahme von 51,8 auf 51,9 Zähler (Zweimonatshoch, Prognose 51,7), während der Dienstleistungsindex deutlich von 52,8 auf 54,4 Punkte stieg (Prognose 52,8). Der Dienstleistungsindex markierte den höchsten Wert seit 38 Monaten.
Der Datenpotpourri aus den USA lieferte ein durchwachsenes Bild:
Positiv stachen die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe hervor. Per 19. Juli sank die Anzahl der Anträge von zuvor 303.000 (revidiert von 302.000) auf 284.000. Die Prognose lag bei 308.000 Anträgen. Das Niveau der Anträge ist damit auf den geringsten Wert seit 2006 gesunken. Wir weisen darauf hin, dass es hier um quantitative Daten geht, die nichts über die Qualität der Jobs aussagen!
Wir haben in den vergangenen Monaten immer wieder darauf hingewisen, dass der US-Wohnimmobilienmarkt auf tönernen Füßen steht. Wir verwiesen unter anderem auf die eingebrochenen Hypothekenanträge und Lohnsummenaspekte.
Die gestern veröffentlichten Fakten sind mehr als ernüchternd. Der Absatz neuer Wohnimmobilien brach per Juni für den Mainstream vollständig unerwartet von zuvor 442.000 (revidiert von 504.000!!! Was wird dort gezählt?) auf 406.000 Objekte in der annualisierten Fassung ein. Die Prognose lag bei 479.000 Immobilien.
Mit anderen Worten ergab sich für den Zeitraum Mai/Juni eine Verfehlung der Markterwartungen um 67.500 Objekte oder circa 15% (!) auf den Monat heruntergebrochen. Der Blick auf den Chart zeigt, dass die hochgelobte Erholung des Wohnimmobilienmarkts nach den massivsten Interventionen der Historie in den Kinderschuhen feststeckt und holpert.
Wir sind äußerst gespannt, wie die Fed weiter reagieren wird oder wie die Treasury Position Belgiens sich weiter verändern wird, denn der Wohnimmobilienmarkt ist für das Konsumverhalten in den USA, dass für circa 70% der Wirtschaftsleistung steht, sehr bedeutend.
Die USA mögen quantitativ mehr Wachstum aufweisen als die Eurozone, der qualitative Aspekt spricht dank der Strukturreformen massiv für die Eurozone. Bereits vor der Krise 2008/2009 war die analytische Fokussierung auf Quantität eine Grundlage für die Schärfe der später einsetzenden Krise!
Dazu Aristoteles, 384 - 322 vor Christis Geburt: "Wer Strukturen verändert, verändert Konjunkturverläufe und damit auch die Haushaltslagen." Eine These, die noch nie wiederlegt wurde und von vielen Ökonomen ignoriert wird …
Sowohl die USA als auch das UK (siehe Report gestern wegen Haushalt) sind dabei, in wesentlichen Teilen das Geschäftsmodell, das zur Krise 2008/2009 führte, zu wiederholen.
Erstaunt sind wir, dass diese Erkenntnis von der akademischen Elite der Ökonomie weder in Deutschland, noch in Europa oder der Welt angemessen erkannt wird und entsprechend Druck generiert wird, weitere Fehlentwicklungen sowohl in den USA als auch dem UK zu verhindern.
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Nachhaltige Trendsignale sind derzeit unausgeprägt.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank
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